Schulter
Schulter
Schulterverletzungen: mit einer gestärkten Schulter zum Comeback
Verletzungen und Erkrankungen des Schultergelenks und der angrenzenden Sehnen treten insbesondere bei den Wurfsportarten häufig auf. Viele dieser Verletzungen – wie beispielsweise die Schulterluxation – entstehen meist direkte oder indirekte Krafteinwirkungen auf die Schulter. Hinzu kommen eine Vielzahl an überlastungsbedingten meist chronischen Erkrankungen. Häufige Verletzungen und Erkrankungen sind:
- vordere und hinter Schulterluxation
- Risse der Rotatorenmanschette (Schultergürtelmuskulatur)
- Verletzungen der Gelenklippe (Labrumläsion)
- Verschleißerkrankungen der Rotatorenmanschette
- Engpasssyndrom der Schulter (Impingement)
- knöcherne Schulterverletzungen (Bankartverletzung, Glenoidfrakturen/ Pfannenrandbrüche)
- Schultereckgelenksverletzungen
- Erkrankungen und Verletzungen der langen Bizepssehne (z.B. SLAP-, Pulleyläsionen)
- Fehlfunktionen des Schulterblattes (Skapuladyskinesie)
Bei solchen Verletzungen und Erkrankungen sind zunächst eine genaue klinische Untersuchung sowie eine bildgebende Diagnostik, meist mittels MRT, Röntgen und Ultraschall, erforderlich, um das Ausmaß der Verletzung/ der Erkrankung zu erkennen und eine entsprechende individuell abgestimmte Therapie zu empfehlen und einzuleiten.
Aufgrund der komplexen muskulären Stabilisierung der Schulter spielen häufig biomechanische Einflussfaktoren bei der Entstehung eine Rolle. Diese müssen erkannt und entsprechend behandelt werden. Hierbei hat die Physiotherapie eine entscheidende Bedeutung.
Kalkschulter
Ursachen und Symptomatik:
Von einer sogenannten Kalkschulter (Tendinosis calcarea) spricht man bei Kalkeinlagerungen in den Sehnenansatz der sogenannten Rotatorenmanschette (Sehnenhaube der Schulter). Am häufigsten verkalkt dabei die Supraspinatussehne, die den oberen Anteil der Rotatorenmanschette bildet.
Die Ursachen hierfür sind nicht vollständig geklärt. Prinzipiell wird eine verminderte Durchblutung bestimmter Sehnenanteile diskutiert, was zur Druckerhöhung auf die Sehne, einer schlechteren Sauerstoffversorgung und im Lauf der Zeit auch zu Kalkablagerungen führen kann. Aber auch physiologische Alterungsprozesse an der Sehne (Sehnendegeneration) sind als Ursache möglich.
Am häufigsten tritt die Tendinosis calcarea im Alter zwischen 30 und 50 Jahren auf. In bis zu 40% der Fälle treten die Verkalkungen beidseitig auf. Sie können lange unbemerkt bleiben und irgendwann symptomatisch werden. Häufig kommt es zu einem langwierigen wellenförmigen Symptomverlauf mit phasenweise heftigsten Schmerzen im Wechsel mit auch schmerzfreien Zeiträumen.
Dabei besteht keine strenge Korrelation zwischen der Größe der Kalkdepots und dem Ausmaß der Schmerzen. Anfangs treten diese in der Regel nur bei bestimmten Bewegungen auf, vor allem bei einer Überkopftätigkeit und bei Drehbewegungen des Arms. Zunehmend kommen dann aber auch Ruhe- und Nachtschmerzen dazu. Vereinzelt frei werdende Kalkteile sorgen häufig beim darüberliegenden Schleimbeutel im Schultergelenk für äußerst schmerzhafte Entzündungsreaktionen.
Diagnostik:
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- Anamnese: Bewegungsschmerz, nächtlicher Schmerz, phasenhafter Verlauf.
- Klinische Untersuchung: Beweglichkeit und spezifische Tests.
- Ultraschalluntersuchung (Sonographie): Sehnenverkalkungen und Entzündungen des Schleimbeutels lassen sich mittels Ultraschall sehr gut darstellen.
- Röntgenuntersuchung: In mehreren Ebenen gegebenenfalls auch in unterschiedlicher Armdrehstellung, um das Kalkdepot darzustellen. Da sich die Kalkstruktur auch innerhalb von kurzen Zeiträumen verändern kann sind ggf. insbesondere vor einer geplanten Operation kurzfristige Röntgen-Verlaufskontrollen erforderlich.
Therapie:
Die Therapie ist initial immer konservativ (nicht operativ) und sollte mindestens für 3-6 Monate versucht werden, bevor eine operative Kalkentfernung in Erwägung gezogen wird.
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- Schmerzmedikation: Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie z.B. Ibuprofen, Diclofenac, Etoricoxib, ggf. im akuten Schub kombiniert mit Opioid-Analoga (z.B. Tilidin).
- Stoßwellenbehandlung: Die Behandlung mit elektromagnetisch erzeugten Druckwellen insbesondere in Form der fokussierten Stoßwellenbehandlung führt zu keiner „Zertrümmerung“ des Kalkherdes, sie wirkt aber durch eine Durchblutungssteigerung heilungsstimulierend und auch schmerzlindernd. Die Erfolgsrate beträgt bis zu 74%.
- Infiltration: Vor allem im akuten Schmerzschub hilft die Kombinations-Infiltration mit Cortison und Lokalbetäubungsmittel.
- Physiotherapie: Im Verlauf können ggf. physiotherapeutische Behandlungen hilfreich sein, um auch eine Schultersteife zu vermeiden.
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Patient:innen, denen durch eine konservative Therapie nach 3-6 Monaten nicht ausreichend geholfen werden kann und deren Beschwerden an Frequenz und Intensität steigen, sollten operativ behandelt werden.
Während der minimalinvasiven arthroskopischen Operation werden die Verkalkungen der Sehne sowie der entzündlich veränderte Schleimbeutel entfernt und sofern erforderlich knöcherne Veränderungen am Schulterdach, die den Sehnengleitraum einengen, erweitert. Häufig gelingt es nicht den Kalk vollständig aus der Sehne zu entfernen. Dieser wird sich jedoch durch den Heilungsstimulus durch die Operation im Verlauf auflösen. Die klinische Erfolgsrate der operativen Therapie beträgt 94%.
Nachbehandlung:
Die Schulter sollte zwar nach dem operativen Eingriff für wenige Wochen geschont aber nicht ruhiggestellt werden. Allerdings sollte eine frühzeitige, sanfte Mobilisierung dafür sorgen, dass die Patienten ihre Schulter möglichst schnell wieder schmerzfrei bewegen können. Dafür wird direkt nach der OP mit physiotherapeutischer Therapie und selbstständigen Bewegungsübungen begonnen.
Schulterluxation / Schulterinstabilität
Die Schulter ist aufgrund der anatomischen Gegebenheit, dass ein großer Oberarmkopf auf eine im Verhältnis 4:1 kleinere knöcherne Gelenkpfanne trifft das beweglichste Gelenk des Menschen. Die passive Stabilisierung erfolgt über die Gelenklippe (Labrum) in Verbindung mit dem umgebenden Kapsel-Bandapparat. Aktiv wird sie durch Muskeln stabilisiert und zentriert.
Ursachen:
- Unfallereignisse (z.B. Sturz auf den ausgestreckten Arm, Kontakttrauma bei Ausholbewegung beim Sport)
- anlagebedingte genetische anatomische Veränderungen an Knochen und Bändern
- mikrotraumatisch durch wiederholte Überkopfbelastungen in Beruf/Sport
- Kombination aus den genannten Ursachen
Es kann zu einer vollständigen (Luxation) oder teilweisen (Subluxation) Ausrenkung meist nach vorne, seltener nach hinten kommen. Das Gelenk kann spontan wieder einrenken oder muss fremdtätig eingerenkt werden. In der Regel kommt es bei der Schulterinstabilität zu Verletzungen der Gelenklippe und der Stabilisierungsbänder, einer mehr oder weniger großen knöchernen Impression am Oberarm-Kopf (Hill-Sachs-Delle) und gelegentlich auch zur knöchernen Verletzung des Gelenkpfannenrandes. Da diese Verletzungen meist nicht von selbst in der richtigen Position und stabil ausheilen, kann die Schulter im Verlauf instabil bleiben und sogar auch bei Alltagsbewegungen wieder ausrenken.
Diagnostik:
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- Anamnese: Fragen nach auslösendem Ereignis, Häufigkeit, Vor-Operationen, Familienanamnese (genetische Disposition).
- Klinische Untersuchung: Spezifische Provokations- und Instabilitätstests.
- Röntgen: Darstellung knöcherner Verletzungen.
- MRT: Darstellung Labrumverletzung, Begleitverletzungen an Sehnen/Knochen.
- Computertomogramm (CT): Vor allem bei wiederholten Instabilitätsepisoden zur Darstellung und Größenbestimmung einer knöchernen Verletzung insbesondere der Gelenkpfanne.
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Therapie:
- Konservativ: Nach einer Erstluxation kann bei älteren oder nicht sehr aktiven Patienten ein konservativer (nicht operativer) Therapieansatz mit physiotherapeutischen Übungen zur Muskelkräftigung gewählt werden. Wenn konservative Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg bringen bzw. erneute Instabilitätsepisoden auftreten, kann eine Operation notwendig werden.
- Operativ: Bei jungen Patienten und bei Sportlern (hohes Risiko einer erneuten Luxation)
Die Operation erfolgt in der Regel minimal-invasiv arthroskopisch. Das Operationsverfahren ist individuell abhängig vom Ausmaß des strukturellen Schadens und der Instabilität zu wählen:
- Arthroskopische Kapsel-Labrumrefixation: Wiederanheftung der vorderen Gelenklippe in Verbindung mit den Kapselbändern durch kleine Knochenanker an der ursprünglichen Position mit ggf. auch Raffung der Gelenkkapsel.
- Arthroskopische Remplissage: Additiv in Kombination mit der Kapsel-Labrum-Refixation wird gelegentlich in Abhängigkeit der Größe und Lage der Hill-Sachs-Läsion am Oberamkopf zur Vermeidung des Einhakens an der Gelenkpfanne eine zusätzliche Auffüllung der Delle mit Sehnengewebe durch eine Rotatorenmanschettensehne erforderlich.
- Arthroskopische Glenoidosteosynthese: Wiederanheftung des abgesprengten Knochens an der Gelenkpfanne mit auflösbaren Fadenankern, Stiften oder Schrauben
- Anatomische Knochenaufbau oder Knochentransferoperationen: Bei ausgeprägten Instabilitäten oder knöchernen Defekten, ausgeprägter Bandlaxität oder sehr hohem sportlichem Anspruch können aufwendigere Verfahren mit knöchernem Aufbau der Gelenkpfanne oder mit dem sog. Latarjet-Verfahren in offener oder arthroskopischer Technik notwendig werden.
Nachbehandlung
Nach der Operation wird zur Sicherung der Einheilung des Kapsel-Labrumkomplexes oder des Knochens die Schulter für 3-4 Wochen in einem speziellen Schulterkissen gelagert. Um ein Einsteifen des Schultergelenks zu vermeiden, wird unmittelbar nach der Operation entsprechend dem von uns vorgegebenen und dem Therapeuten ausgehändigten spezifischen Nachbehandlungsplan mit physiotherapeutischen Übungen begonnen. In Abhängigkeit des angewandten OP-Verfahrens ist von einer Rehabilitationsphase und Schultersportpause von 3-6 Monaten auszugehen.
Rotatorenmanschettenrisse
Als Rotatorenmanschette bezeichnet man eine Muskelgruppe am Schultergelenk, bestehend aus vier Muskeln, die am Schulterblatt entspringen und als flächige Sehnen mit dem Oberarmkopf und der Gelenkkapsel verbunden sind. Die Rotatorenmanschette sorgt für die aktive Bewegung (Innen- und Außenrotation sowie das Abspreizen des Arms vom Körper). Daneben besteht die Aufgabe der Rotatorenmanschette in der Zentrierung und damit Stabilisierung des Oberarmkopfes in der verhältnismäßig kleinen Schultergelenkpfanne. Im Zusammenspiel mit der äußeren Muskelgruppe (Deltoideus), ist sie die Basis für eine sichere und effektive Bewegung im Schultergelenk.
Die sogenannte Rotatorenmanschettenläsion tritt am häufigsten als Verschleißerscheinung in Form von Teilrissen (Partialruptur der Sehne) oder Komplettrissen (vollschichtige Ruptur) meist bei Patienten über 60 Jahren auf. Es kann aber auch bei jüngeren Patienten zu unfallbedingten Verletzungen der Sehnenplatte kommen. Zudem weisen Überkopfsportler oder -arbeiter durch wiederholte teilweise überphysiologische Belastungen und Bewegungen der Schulter Teileinrisse auf.
Die Beschwerden äußern sich durch bewegungs- und stellungsabhängige Schmerzen, oft aber auch in Form von starken nächtlichen Schmerzen und ggf. durch eine Schwäche für bestimmte Bewegungen.
Diagnostik:
- Anamnese und klinische Untersuchung: Spezielle klinische Tests und die Befragung können bereits entscheidende Hinweise auf eine Schädigung der Rotatorenmanschette und der damit einhergehenden Funktionseinschränkung einzelner Muskeln geben.
- Röntgenuntersuchung: Hierbei können knöcherne Veränderungen, die zu einer Einengung des Gleitkanals der Rotatorenmanschette führen oder ein Hochstand des Oberarmkopfes Hinweise auf eine Schädigung der Rotatorenmanschette geben. Auch können Arthroseveränderungen festgestellt werden.
- Sonographie: Eine sehr wichtige Komponente in der Diagnostik zur Darstellung von Rotatorenmanschettenrissen ist die Sonographie (Ultraschall).
- MRT: Insbesondere für die Fragestellung einer operativen Therapie sollte die eine MRT erfolgen, da hierdurch Ausmaß und Form der Sehnenschädigung sowie weiteren Weichteilveränderungen insbesondere am Muskel mit hoher diagnostischer Sicherheit eingeschätzt werden können.
Therapie:
Eine eingerissene Sehne der Rotatorenmanschette hat keine Selbstheilungspotenz. Daher ist gerade bei jüngeren Patienten und Frischverletzten eine Operation zu empfehlen, um die Sehne wieder an den Knochen zu fixieren und damit die Funktion und Kraft wiederherzustellen. Da es im natürlichen Verlauf eines Sehnenrisses zu einer spontanen Größenzunahme und zum Zurückziehen der Sehne, sowie zum irreversiblen Muskelabbau kommen kann, sollte der Zeitpunkt insbesondere bei unfallbedingten Rissen nicht zu lange hinausgezögert werden, um eine Reparabilität zu gewährleisten. Auch die Entwicklung einer durch einen chronischen Sehnenschaden hervorgerufene spätere Arthrose (Knorpelverschleiß) des Schultergelenks kann so vermieden werden.
Bei geringen Beschwerden, Teilrissen bzw. kleinen Rissen der Rotatorenmanschette, oder wenig aktiven Patienten, sowie bei nicht reparablen Rupturen kann eine konservative Therapie erfolgen. Maßnahmen hierbei sind:
- Krankengymnastik: Ziel hierbei sollte das Kräftigen der Oberarmkopf-zentrierenden Muskulatur und der Schulterblattmuskulatur sein.
- Schmerzmedikamente:B. nichtsteroidale Antirheumatika wie z.B. Ibuprofen, Diclofenac, Etoricoxib unter Beachtung der Kontraindikationen oder alternative Analgetika wie z.B. Paracetamol.
- Infiltration: Bei Schmerzen kann eine Infiltration mit Cortison beschwerdelindernd wirken. Da Cortison zwar eine gute antientzündliche und schmerzlindernde Wirkung aber einen negativen Effekt auf die Sehne hat, sollte diese maximal 3 mal in ausreichendem zeitlichem Abstand und möglichst nicht innerhalb von 6 Monaten vor einer geplanten Schulteroperation (Infektionsrisiko) erfolgen.
Wenn eine nicht-operative (konservative) Behandlung die Beschwerden nicht lindert und eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung verbleibt, kann eine Operation notwendig werden.
Operation:
Abhängig vom Befund kommen verschiedene Operationsverfahren zum Einsatz:
- Arthroskopische oder mini-open Rotatorenmanschettenrekonstruktion: Eine OP zur Versorgung des Rotatorenmanschettenrisses wird heute überwiegend minimalinvasiv d.h. arthroskopisch oder in „mini-offener“ Technik mit sehr gutem Erfolg durchgeführt. Die Vorteile der arthroskopischen, minimalinvasiven OP-Technik liegen in einer geringeren Beeinträchtigung des Gewebes und Minimierung des Infektionsrisikos, geringerer postoperativer Schmerzen nach der OP aber vor allem auch in der besseren Rekonstruierbarkeit von bereits zurückgezogenen Sehnen. Für die Wiederanheftung der verletzten Sehne gibt es verschiedene Fixationsmöglichkeiten wie z.B. sogenannte Fadenanker aus Titan oder auch aus bioauflösbarem Material, deren Einsatz individuell an das Verletzungsmuster angepasst wird. Im Rahmen des Eingriffs ist auch eine Therapie von Begleitverletzungen, z. B. an der langen Bicepssehne oder Behandlung der entzündeten Schleimhaut möglich. Auch eine Einengung des Gleitraums der Rotatorenmanschette, durch knöcherne Veränderungen am Schulterdach und der schmerzhaft entzündete Schleimbeutel können arthroskopisch mit entfernt werden (sogenannte subacromiale Dekompression). Dank neuer Erkenntnisse über die Anatomie der Sehneneinstrahlung am Knochen, werden Rotatorenmanschetten-Rekonstruktionen heute anatomiegerecht in der sogenannten Zweireihentechnik (double row od. suture bridge) durchgeführt. Der Sehnenansatz wird dabei an seinem knöchernen Ursprung durch spezielle Nahttechniken flächig für eine anatomische Einheilung angeheftet.
- Arthroskopischer Rotatorenmanschettenteilverschluss (margin-convergence): Ist eine Wiederherstellung der Sehnenintegrität aufgrund der Rissgröße und bei bereits weit zurückgezogenen Sehnen operativ nicht möglich, kann auch ein arthroskopischer Teilverschluss der Rotatorenmanschette zu einer Beschwerdelinderung und einem Funktionsgewinn führen.
- Superiorer Kapsel Repair (SCR): Hierbei wird als neueres Verfahren bei irreparabler Rotatorenmanschettenläsion zusätzlich zum oben genannten Teilverschluss zwischen oberer Gelenkpfanne und dem Oberarmkopf ein Gewebestreifen als Gelenkkapselersatz eingenäht um die Oberarmkopfzentrierung in der Gelenkpfanne und damit die Funktion und die Schmerzen zu verbessern. Die Erfolgsraten sind bei noch eingeschränkter wissenschaftlicher Datenlage uneinheitlich, so dass dieses Verfahren nicht routinemäßig angewandt wird.
- Offene Muskeltransferoperation: In seltenen Fällen kann eine andere Sehne als Ersatz dienen, sog. Muskel-Transferoperationen, um die Aufgaben des Schultergürtels zu übernehmen.
Trotz der fortschrittlichen Operationstechniken und zunehmender Erkenntnisse über die Heilungsbiologie kommt es in bis zu 30% nach Rotatorenmanschettenrekonstruktionen zu erneuten Rissen, wenngleich diese häufig klinisch unbemerkt bleiben. Die Ergebnisse nach einer erneuten Sehnenreparatur fallen allerdings aufgrund der Zunahme der Komplexität des Revisionseingriffs durch einliegendes Fremdmaterial und beeinträchtigter Gewebequalität durch den Voreingriff vergleichsweise ungünstiger aus.
Im Falle eines bereits fortgeschrittenen Gelenkverschleißes (Arthrose) bei Läsion der Rotatorenmanschette besteht die Option der Implantation einer sogenannten inversen Schulterendoprothese um Schmerzfreiheit und eine gute Funktion wieder herzustellen (siehe Schultergelenkarthrose).
Nachbehandlung
Da die Sehnen der Rotatorenmanschette für die Einheilung am Knochen ausreichend Zeit benötigen, wird die Schulter nach dem Eingriff in der Regel für 4-6 Wochen in einem Schulterkissen gelagert. Um die Beweglichkeit zu erhalten, wird eine physiotherapeutische Behandlung bereits am Tag nach der Operation entsprechend des vom Operateur festgelegten und dem Patienten ausgehändigten Nachbehandlungsplan begonnen. Auch wird zur häuslichen passiven Beübung eine Schultermotorstuhl leihweise verordnet. Für die Rehabilitation nach Rotatorenmanschettenoperationen sollten 3-6 Monate einkalkuliert werden.
Impingementsyndrom (Schulterengpasssyndrom)
Beim sogenannten subacromialen Impingementsyndrom kommt es zu einem mechanischen Konflikt im Raum zwischen knöchernem Schulterdach und Oberarmkopf mit der dazwischen liegenden Supraspinatussehne und Schleimbeutel.
Das Impingementsyndrom wird für 50-70% von Schulterbeschwerden verantwortlich gemacht.
Es wird ein sog. primäres von einem sekundären Impingementsyndrom unterschieden:
Primäres Impingementsyndrom (outlet-Impingment):
Hierbei besteht eine Einengung im subacromialen Raum durch angeborene, degenerative oder posttraumatische Veränderungen. Ursachen hierfür sind:
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- Anlagebedingte Hakenform des Schulterdachknochens (Acromion)
- Degenerative Verknöcherung und Ausziehung der vorderen Schulterdachkante (Acromionsporn)
- Degenerative Veränderungen mit Knochenanbauten am Schultereckgelenk (AC-Gelenk-Arthrose)
- Unfallbedingte Veränderungen z.B. nach Frakturen am Oberarmkopf (Tuberkulum majus-Frakturen) mit Tuberkulumhochstand
- Anlagebedingte Verknöcherungsstörung am Schulterdach (Os acromiale)
Sekundäres Impingementsyndrom (non-outlet-Impingement):
Degenerative und entzündliche Prozesse mit Verdickung von Supraspinautssehne/Schleimbeutel oder funktionell bedingte Bewegungsstörungen führen hierbei zu einer Einengung des Subacromialraums. Ursachen hierfür sind:
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- Verkalkung der Sehne in der Rotatorenmanschette (Tendinosis calcarea)
- Schleimbeutelentzündung bei Rheuma
- Funktionelle Störung bei muskulärem Ungleichgewicht/Kapselverkürzungen z.B. bei Überkopfsportlern/Überkopfarbeitern
- Nervenbedingte Störung der muskulären Führung/Zentrierung des Oberarmkopfes
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Die anfangs belastungsabhängig auftretenden Schmerzen können sich im Verlauf zu Ruhe- und Nachtschmerz steigern. Neben chronischen Entzündungsreaktionen kann die Rotatorenmanschette fortschreitend geschädigt werden und letztendlich einreißen (siehe auch Rotatorenmanschette).
Diagnostik
- Anamnese und klinische Untersuchung: Die Befragung und eine eingehende Untersuchung mit spezifischen sogenannten Impingement-Tests geben die entscheidenden Hinweise auf ein Impingementsyndrom.
- Röntgen: Spezielle Röntgeneinstellungen zeigen knöcherne Veränderungen oder auch Sehnenverkalkungen.
- Sonographie: In der Ultraschalluntersuchung werden Sehnenverkalkungen oder Sehnenverletzungen detektiert.
- Infiltrationstest: Spezifische Infiltrationstests mit Applikation von entzündungshemmenden Medikamenten (z. B. Cortison) und Lokalbetäubungsmitteln unter das Schulterdach oder in das Schultereckgelenk können sowohl diagnostische als auch therapeutische Bedeutung haben.
Therapie:
Die Therapie des Impingementsyndroms der Schulter richtet sich nach der Art der zugrundeliegenden Pathologie.
Bei fehlenden höhergradigen strukturellen Schäden (Non-outlet-Impingement oder Outlet impingement ohne strukturelle Weichteilschäden) erfolgt primär eine konservative Therapie für mindestens 3 Monate.
Konservativ:
- Medikamente: Kurzfristige Einnahme von antientzündlichen Medikamenten (z.B. NSAR).
- Krankengymnastik: Gezieltes Auftrainieren der den Oberarmkopf zentrierenden Muskulatur und der Schulterblattmuskulatur, Ausgleich von muskulären Ungleichgewichten und Haltungsschulung. Hierbei sollte insbesondere eine Anleitung zu Übungen für die tägliche Eigenübungstherapie erfolgen.
- Infiltration: Cortison und Lokalbetäubungsmittel zur Schmerzreduktion und Entzündungshemmung (max. 3 mal!).
Operativ:
Das fortgeschrittene Impingement-Syndrom mit starken knöchernen Anbauten am Schulterdach und Schädigung der Rotatorenmanschette sowie konservativ nicht erfolgreich therapierbare chronische Begleitentzündungen stellen eine Indikation zur operativen Behandlung dar. Die Zielstellung hierbei ist die Erweiterung des anatomischen Raums und Wiederherstellung der Sehnenintegrität. Dies erfolgt durch arthroskopische Entfernung der knöchernen Einengungen vom Schulterdach oder des Schultereckgelenks und des chronisch entzündlichen Schleimbeutels, zudem wird die Sehne geglättet oder falls erforderlich arthroskopisch rekonstruiert. Inwieweit eine Rekonstruktion der Sehne notwendig ist, kann im Einzelfall häufig erst intraoperativ entschieden werden.
Nachbehandlung
Zur Nachbehandlung der anatomischen Raumerweiterung wird in der Regel ab dem ersten Tag nach der Operation mit angeleiteten Bewegungsübungen begonnen. Eine Ruhigstellung erfolgt nicht. Länge und Intensität der Nachbehandlung hängen in erster Linie von einer gegebenenfalls mitdurchgeführten Rotatorenmanschetten-Rekonstruktion ab. Im Einzelfall muss dies individuell entschieden werden, und der Operateur legt unmittelbar nach der Operation den Nachbehandlungsplan fest.
Schultersteife / Frozen shoulder
Ursachen und Symptomatik:
Bei der Schultersteife besteht eine schmerzhafte Einschränkung der aktiven und passiven Beweglichkeit des Schultergelenks.
Unterschieden werden 2 Formen der Schultersteife. Bei der primären (idiopathischen) Schultersteife der sog. „frozen shoulder“ kommt es zu einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung ohne Vorhandensein einer spezifischen Erkrankung oder ohne vorausgegangene Voroperation bzw. eines Unfallereignisses.
Im Gegensatz hierzu tritt die sogenannte sekundäre Schultersteife bei bestimmten Begleiterkrankungen oder nach Operationen bzw. Verletzungen auf.
Das strukturelle Korrelat der Schultersteife ist eine Verdickung und Versteifung (Kontraktur) der Schultergelenkkapsel aufgrund von bisher nicht eindeutig geklärten immunologisch bedingten entzündlichen Prozessen, die zu einer Fibrosierung des Kapselgewebes führen.
In 20-40% der Fälle kommt es zu einem zeitversetzten beidseitigen Auftreten der Schultersteife. Ca. 2-5% der Bevölkerung erleiden im Laufe Ihres Lebens eine Schultersteife, wobei der Zeitpunkt meist zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr liegt und Frauen häufiger als Männer betroffen sind.
Wenngleich die Ursachen der Frozen shoulder nicht geklärt sind gibt es Risikofaktoren, die eine Schultersteife verursachen können. Zuallererst ist hier der Diabetes mellitus zu nennen. Als weitere Risikofaktoren wären Schilddrüsenerkrankungen, Fettstoffwechselstörungen, sowie neurologische Erkrankungen wie ein M. Parkinson zu nennen.
Die primäre Schultersteife wird als selbstheilende Erkrankung angesehen und hat einen charakteristischen phasenhaften, meist sehr langwierigen Verlauf.
- „Freezing“ Phase“ (2-10 Monate): Beginn mit initial bewegungsabhängigen später auch nächtlichen Schmerzen und zunehmender Bewegungseinschränkung
- „Frozen“ Phase“ (3-12 Monate): Hierbei dominiert die Bewegungseinschränkung und Steife mit abnehmenden Schmerzen
- „Thawing“ Phase (5-24 Monate): Verbesserung der Beweglichkeit und weiter abnehmende Schmerzen.
Diagnostik:
- Anamnese (Begleiterkrankungen Diabetes, Voroperationen/Unfälle, Schmerzcharakter).
- klinische Untersuchung (passives und aktives Bewegungsdefizit vor allem der Außendrehung und Abspreizung).
- Ultraschalluntersuchung (Sonographie): Ausschluss Sehnenverkalkungen, Sehnenverletzung.
- Röntgenuntersuchung in mehreren Ebenen zum Ausschluss knöcherner Veränderungen.
- MRT (Darstellung der Verdickung der Gelenkkapsel und des Rotatorenmanschette).
Die Therapie ist konservativ (nicht operativ) und stadienangepasst:
- Schmerzmedikation: Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie z.B. Ibuprofen, Diclofenac, Etoricoxib…, ggf. kombiniert mit Opioid-Analoga (z.B. Tilidin).
- Infiltration: Intraartikuläre Kombinations-Infiltration mit Cortison und Lokalbetäubungsmittel oder orales Kortison-Stufenschema, Hyaluronsäureinjektion wird diskutiert.
- Physiotherapie und manuelle Therapie: Kapseldehnung im schmerzfreien Bereich.
- Eigenübungsprogramm
- Infiltration: Vorzugsweise intraartikuläre Kombinations-Infiltration mit Cortison und Lokalbetäubungsmittel, Hyaluronsäureinjektion wird diskutiert.
- Stoßwellenbehandlung: Die Behandlung mit elektromagnetisch erzeugten Druckwellen führt zur Verringerung der Schmerzen und Verbesserung der Beweglichkeit.
- Hochenergetische Induktionsbehandlung: Ein hochenergetisches Magnetfeld reduziert Schmerzen und fördert die Heilung durch Entzündungshemmung.
In sehr seltenen Fällen kann bei fehlender Verbesserung durch die nicht-operativen Maßnahmen eine operative Gelenkmobilisation erwogen werden. Dies sollte vorzugsweise in Form einer arthroskopischen Arthrolyse, bei der die verdickte Gelenkkapsel gelöst wird, erfolgen. Im Rahmen des Eingriffs wird durch den Narkosearzt ein Schmerzkatheter gelegt, um eine sofortige und intensive Bewegungstherapie unmittelbar postoperativ unter Schmerzausschaltung zu ermöglichen.
Skapuladyskinesie (Fehlfunktionen des Schulterblattes)
Das große Bewegungsausmaß der Schulter basiert nicht nur auf dem komplexen Zusammenspiel der Schultermuskulatur, sondern ist auch stark abhängig von der Stellung und der Beweglichkeit des Schulterblattes (Skapula) inklusive Schultergelenkpfanne zum Oberarmkopf und zum Rumpf. Durch Verletzungen, muskuläre Insuffizienzen oder Ungleichgewichte, Gelenkkapselverdickungen des Schultergelenkes oder neuromuskuläre Fehlsteuerung der Schultermuskulatur kann es zu einer veränderten Beweglichkeit des Schulterblattes kommen. Diese wird als sogenannteSkapuladyskinesie bezeichnet (`Dys` = Veränderung; `kinesis`= Bewegung). Häufig ist nicht klar ob die Dyskinesie Ursache oder Folge von Schultergelenkverletzungen ist. Sie tritt häufig bei Überkopf- oder Schulterkraftsportlern und Überkopfarbeitern auf.
Durch die veränderte Position bzw. Beweglichkeit der Skapula entstehen Bewegungseinschränkungen der Schulter, chronische Schmerzen im Sinne von Impingementbeschwerden mit entsprechenden Sehnenreizungen oder Langzeitschäden von Muskeln, Bändern und Gelenken. Daher sollte nach jeder Verletzung der Schulter an eine solche Mitbeteiligung gedacht und möglichst frühzeitig physiotherapeutisch beübt werden.
Diagnostik:
Die subtile klinische Untersuchung mit spezifischen Tests ist die entscheidende Maßnahme, welche die Diagnose sichert. Klinische Hinweise auf eine Skapuladyskinesie sind:
- Sichtbares flügelartiges Abheben des Schulterblatts sog. „Winging“
- Asymmetrischer Bewegungsablauf und Fehlpositionierung (Protraktion) des Schulterblatts im Vergleich zur Gegenseite
- Impingementsymptomatik (siehe Impingementsyndrom)
- Häufig ist die Schulterinnenrotationsfähigkeit bei hohem abgespreiztem Arm im Seitenvergleich eingeschränkt („GIRD-Syndrom“)
- In der Elektromyographie-Analyse (EMG) kann ein unphysiologische Muskelaktivität bestimmter Muskelgruppen nachgewiesen werden.
Therapie:
Die Therapie der Skapuladyskinesie ist rein konservativ. Die Schulterblatt-stabilisierende Muskulatur kann sehr effektiv mit gezielten physiotherapeutischen Übungen trainiert werden. Hierfür ist zunächst die Stabilisierung der Rumpfmuskulatur notwendig um im zweiten Behandlungsschritt die Muskeln des Schultergürtels zu stabilisieren. Die gezielte Ansteuerung bestimmter Muskelgruppen kann im Rahmen von EMG-gestütztem Biofeedbacktraining unter physiotherapeutischer Anleitung trainiert werden. Bei eingeschränkter hohen Innenrotationsfähigkeit sollte die verkürzte hintere Schultergelenkkapsel durch sog. „Sleeper-Stretch“-Dehnungsübungen gelockert werden. Für die Behandlung der Skapuladyskinesie stellen wir für Sie begleitend zur Physiotherapie einen von uns entwickelten gezielten Behandlungsplan mit Übungen für die Eigentherapie zur Verfügung. Die Behandlung ist langwierig und nimmt mehrere Monate bis zum gewünschten Erfolg in Anspruch.
In seltenen Fällen der konservativen Therapieresistenz oder bei relevanten strukturellen Schäden an der Pfannenlippe, der langen Bicepssehne oder der Rotatorenmanschette kann auch eine operative arthroskopische Behandlung der jeweiligen Struktur erforderlich werden.
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